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13. Januar 2021

Wie informieren sich Junge über Politik?

Zeitungssterben, Fake News und Donald Trumps Eskapaden auf Twitter – sie alle werfen die Frage auf, wie und wo man sich künftig noch seriös über Politik informieren kann. Besonders jungen Menschen wird oft vorgeworfen, dass sie ihre politischen Informationen nur noch über soziale Medien und unzuverlässige Quellen beziehen. Discuss it hat Daten zu den Abstimmungen im letzten September ausgewertet und untersucht, wie sich verschiedene Altersgruppen konkret über die Vorlagen informiert haben.

Nach jeder Abstimmung wird in der Schweiz die VOTO-Befragung durchgeführt. Dabei werden die Schweizer_innen nach ihren Motiven und Beweggründen gefragt, für oder gegen die Abstimmungsvorlagen gestimmt zu haben, aber auch danach, wie sie sich überhaupt über die politischen Themen informiert haben. Liest in der Schweiz überhaupt noch jemand die Zeitung? Wer schaut sich die Discuss it-Videos auf YouTube an? Und beziehen junge Menschen ihre politischen Informationen tatsächlich nur noch über soziale Medien?

Zeitungen bald papierlos?

Immer wieder wird vom Zeitungssterben und von Fusionen grosser Medienhäuser berichtet. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist hierbei das Zusammenlegen der Redaktionen vom Bund und von der Berner Zeitung, zwei der wichtigsten Zeitungstitel Berns. Während vor zehn Jahren in der Schweiz noch 318 Zeitungstitel existierten, waren es 2020 gerade noch 253. Trotzdem sind Zeitungen neben dem roten «Bundesbüchlein» nach wie vor die beliebteste Informationsquelle für Abstimmungen. Insgesamt 88 Prozent der Bevölkerung haben sich unter anderem über Artikel in Zeitungen informiert, doch der Anteil variiert je nach Alterskategorie. Von denjenigen Personen, die 66 Jahre oder älter sind, informierten sich ganze 93 Prozent mit Hilfe von Zeitungsartikeln, von der jüngsten Gruppe der 18- bis 25-Jährigen waren es noch 72 Prozent.

Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass junge Menschen weniger Zeitung lesen. Stattdessen verschieben sie ihren Konsum vielmehr in den Online-Bereich und weg von Papierzeitungen. Bei der Verwendung von News-Seiten im Internet geben nämlich 86 Prozent der Jungen an, jene als politische Informationsquelle genutzt zu haben, während es in der ältesten Gruppe gerade einmal 52 Prozent sind. Eine Studie aus Deutschland hat zudem herausgefunden, dass junge Menschen auch eher dazu bereit sind, für Online-Medien zu bezahlen oder bereits dafür bezahlt haben. Dieser Befund lässt hoffen, dass die Digitalisierung der Printmedien dem Zeitungssterben dank der jüngsten Generation also entgegenwirkt und so weiterhin Qualitätsjournalismus möglich ist.

Anteil Stimmende, die das jeweilige Medium bei den Abstimmungen im September 2020 als politische Informationsquelle genutzt haben. Gewichtete Ergebnisse. Datenquelle: VOTO 2020.

Videoclips als neue Informationsquelle

Nach dem Bundesbüchlein und Zeitungsartikeln nennen die Schweizer_innen Abstimmungssendungen am Fernsehen als drittbeliebteste Informationsquelle, wenn es um politische Themen geht. Ob eine Diskussion in der SRF Arena, ein Bericht über die Abstimmungen in der Tagesschau oder eine Reportage in der Rundschau – 81 Prozent der Schweizer_innen informieren sich gerne über Sendungen im als neutral geltenden Fernsehen. Doch auch von dieser klassischen Informationsquelle kommen junge Bürger_innen immer mehr ab. Erneut geben 72 Prozent der 18- bis 25-Jährigen an, sich über Abstimmungssendungen politisch zu informieren, während dieser Anteil bei denjenigen, die über 65 Jahre alt sind, 87 Prozent beträgt.

Aber wie schon beim Fernsehen bedeutet es auch hier nicht, dass sich die Jungen schlechter oder gar nicht über politische Themen informieren. Stattdessen finden sie erneut virtuelle Alternativen, die sie gerne und häufig nutzen: Abstimmungsvideos. Die wohl bekanntesten dieser Videos gestaltet easyvote seit 2013 in ihrem unverkennbaren Zeichenstil, doch auch die Bundeskanzlei veröffentlicht seit 2016 Clips, welche die Inhalte der Abstimmungsvorlagen erklären sollen. Seit letztem Frühling lädt übrigens auch Discuss it regelmässig Videos zu den Vorlagen und den wichtigsten Argumenten auf unseren YouTube-Kanal hoch. Solcher kurzen Filme bedienen sich 76 Prozent der jungen Menschen zur politischen Informationsbeschaffung, während es von den über 65-Jährigen lediglich 22 Prozent sind.

Anteil Stimmende, die das jeweilige Medium bei den Abstimmungen im September
2020 als politische Informationsquelle genutzt haben. Gewichtete Ergebnisse. Datenquelle: VOTO 2020.

Soziale Medien und ihre Gefahren

Von den dreizehn abgefragten Medien werden soziale Medien am seltensten genutzt; insgesamt nur 36 Prozent der Schweizer_innen haben angegeben, sich dort politisch zu informieren. Allerdings könnte sich hier in den kommenden Jahren ein klarer Aufwärtstrend zeigen, denn immerhin 63 Prozent der jungen Menschen beschaffen sich auf Facebook, Twitter und ähnlichen Plattformen Informationen über die Abstimmungen. Mit zunehmendem Alter sinkt die Nutzung von sozialen Medien hingegen drastisch und in der ältesten Gruppe geben gerade noch 22 Prozent an, sich über die sozialen Medien politisch informiert zu haben.

Dieser Trend zur Informationsbeschaffung über solche Plattformen wurde in jüngster Zeit häufiger diskutiert und lässt immer wieder skeptische Stimmen in der Bevölkerung laut werden. Soziale Medien haben einen schlechten Ruf, da ihnen die sogenannten Gatekeeper fehlen. Das sind zum Beispiel Journalist_innen oder Redakteur_innen, die Nachrichten filtern und Informationen vor ihrer Publikation auf Wahrheitsgehalt und Objektivität prüfen. Somit werden Menschen in sozialen Netzwerken verstärkt mit subjektiven Meinungen und Fake News konfrontiert (siehe dazu auch unseren Blog-Artikel zur Meinungsbildung durch Social Media). Ausserdem können Plattformen wie Twitter auch dazu genutzt werden, zu Gewalt aufzurufen, wie die jüngsten Ereignisse in den USA aufgezeigt haben.

Dort hat Twitter mit der Sperrung des Kontos von Präsident Trump und rund 70’000 Konten von QAnon-Anhänger_innen, eine Gruppe Verschwörungstheoretiker_innen mit teilweise rechtsextremem Hintergrund, nun zumindest partiell die Rolle als Gatekeeper übernommen. Zudem versieht Twitter seit letztem Jahr gewisse Aussagen, deren Wahrheitsgehalt umstritten ist, mit einer entsprechenden Warnung; so etwa bei den Betrugsvorwürfen Donald Trumps zu den Präsidentschaftswahlen. Trotzdem ist diese Art von Gatekeeping nicht dieselbe und deutlich weniger umfassend als die Rolle, die etwa Redakteur_innen bei Zeitungen oder im Fernsehen wahrnehmen. Somit ist es immer noch einfach, Fake News in den sozialen Medien zu verbreiten, weshalb Informationen von Twitter, Facebook und Co. unbedingt mit Hilfe einer seriösen Quelle überprüft werden sollten.

Anteil Stimmende, die das jeweilige Medium bei den Abstimmungen im September
2020 als politische Informationsquelle genutzt haben. Gewichtete Ergebnisse. Datenquelle: VOTO 2020.

Was gute Informationen bringen

Gute politische Informationen bedeuten nicht nur, dass keine Unwahrheiten verbreitet werden und der politische Prozess fair bleibt. Menschen, die besser informiert sind über Politik, fällt es auch leichter, sich an der Urne zu entscheiden, und es ist generell wahrscheinlicher, dass sie sich am politischen Geschehen beteiligen (siehe zum Beispiel hier). Gerade für junge Menschen, die den Medien aufgrund von Fake News und Veränderungen in der Medienlandschaft mit zunehmendem Misstrauen begegnen (siehe Schlussbericht easyvote-Politikmonitor 2017), können seriöse Quellen also hilfreich sein, Ordnung in das politische Chaos zu bringen, sich zu entscheiden und auch tatsächlich abstimmen zu gehen.

Der nächste Abstimmungssonntag ist am 7. März. Ab Februar werden die Abstimmungsvorlagen im Discuss it-Blog und in unseren Videos auf YouTube vorgestellt und diskutiert. Informier dich rechtzeitig, um dir eine Meinung zu bilden und abstimmen zu gehen!



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Erstellt von Alina Zumbrunn