Herzliche Einladung zur Reise durch die politische Schweiz
«Dänkmäler – in Stei gmeissled, Triumphböge – Reinzeichne, Sprayed Näme a die Wänd und stelled eus Skulpture uf, Tättowiered eusi Brüedre eusi Schwöschtere unter d Huut, Betoniered Stern in Walk of Fame – Sieg und Niederlag…», so schreibt es der Schweizer Mundart-Künstler Bligg. Die Schweiz hat sich über Jahrhunderte weiterentwickelt und ist langsam zu einem modernen Bundesstaat geworden. Verschiedene Ereignisse haben diese Entwicklung geprägt. Geblieben sind Zeitzeugen in Form von Denkmälern, Bildern und Monumenten. Gemeinsam machen wir eine Reise durch die Schweiz und legen an einigen dieser Orten eine Pause ein!
Rütliwiese (Quelle: www.uri.swiss)
Treffpunkt 07.00 Uhr, Brunnen im Kanton Schwyz
Vollgepackt mit unserem Rucksack startet die Reise am Vierwaldstättersee in Brunnen SZ. Wir besteigen das Schiff und geniessen die Fahrt bis zur Schifflände «Rütli». Nach einem 5-minütigen Spaziergang stehen wir auf der Rütliwiese. Im Jahr 1291 haben genau hier Vertreter der Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden den Rütlibund geschworen. «Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr. Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, eher den Tod, als in der Knechtschaft leben. Wir wollen trauen auf den höchsten Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.» Es waren Walter Fürst von Uri, ein Mann von Würde und Klugheit, Werner Stauffacher von Schwyz, ein Anführer von unerschütterlicher Integrität, und Arnold von Melchtal von Unterwalden, ein Symbol für unbeugsamen Mut, die damals schworen, ihre Freiheit von den Habsburgern zurückzuerobern und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Dies gilt als Gründungsakt der Schweiz, wenn auch schriftliche Aufzeichnungen als Beweis fehlen. Vielmehr hat der Mythos eine symbolische Bedeutung für die Identität des Schweizerischen Volkes.
Nationalratssaal (Quelle: www.parlament.ch)
Genug gequatscht, weiter gehts. Wir schnüren unsere Wanderschuhe und erklimmen 360 Höhenmeter bis zum Aussichtspunkt Marienhöhe in Seelisberg. Die Aussicht ist malerisch. Ja, richtig gelesen! Sie ist wortwörtlich malerisch. Kommt dir der Anblick bekannt vor? Es ist «Die Wiege der Eidgenossenschaft». Charles Giron, ein Schweizer Maler, hat diesen Anblick auf einem Ölgemälde festgehalten, das heute den Saal des Nationalrates im Bundeshaus in Bern ziert. Wenn du das Gemälde genauer betrachtest, findest du zwei Besonderheiten. In der Mitte des Bildes ist in den Wolken eine Frauengestalt mit einem goldenen Olivenzweig zu sehen. Der Olivenzweig steht für den Frieden. Und links in der Felswand hat sich ein Fisch versteckt. Darüber kursiert eine Legende: Das Bild wurde damals am 1. April eingeweiht, und man sagt, dass Giron den Fisch als Scherz hineingezeichnet hat.
Tellsplatte (Quelle: www.uri.swiss)
Die Zeit auf unserer Reise vergeht, auch geschichtlich. Wir besteigen erneut das Schiff und fahren quer über den Vierwaldstättersee. An der linken Uferseite legen wir mit dem Schiff an. Dort befindet sich die «Tellsplatte». Im 13. Jahrhundert standen die Talschaften Uri, Schwyz und Unterwalden (heute: Nidwalden und Obwalden) unter habsburgischer Herrschaft. Der Legende nach stellte der Landvogt Gessler auf dem Dorfplatz in Altdorf eine Stange auf und steckte einen Hut darauf. Jede Person, die vorbeilief, musste sich vor dem Hut verneigen. So zeigte er seinen Herrschaftsanspruch. Nur Wilhelm Tell weigerte sich, den Hut zu grüssen. Der Gessler befahl ihm als Strafe mit der Armbrust einen Apfel auf dem Kopf seines Sohnes abzuschiessen. Andernfalls würde er sterben. Gesagt, getan. Und Tell war erfolgreich. Gessler liess Wilhelm nach dem Schuss dann fesseln und auf ein Schiff bringen. Nahe am Ufer sprang Wilhelm Tell vom Schiff herab und konnte sich retten. Genau hier stehen wir jetzt. Das ist die Tellsplatte in Sislikon. Später erschoss Wilhelm den Landvogt Gessler mit einem seiner Pfeile.
Zwingli-Denkmal (Quelle: www.wasserkirche.ch)
Kurz vor dem Mittag heisst es für uns weiterzuziehen. Wir besteigen den Zug. Wir lassen den Vierwaldstättersee hinter uns, sehen aber schon bald den Lauerzersee und später den Zugersee. Dem Wasser bleiben wir treu. Die Sihl begleitet uns bis nach Zürich. Und wenn ich sage, wir bleiben dem Wasser treu, dann gilt das auch in der Stadt. Der nächste Treffpunkt befindet sich bei der Wasserkirche. Die Etappe brachte uns 2 Stunden weiter. Für uns bedeutet das 200 Jahre später – 1523. Hinter der Kirche steht ein Denkmal, das einen Mann mit würdevoller Haltung zeigt, den nachdenklichen Blick stets nach oben gerichtet. Könnte er sprechen, würde er sagen: «Tut um Gottes willen etwas Tapferes.» oder «Christ sein heisst nicht von Christus schwatzen, sondern ein Leben zu führen, wie Christus gelebt hat.» Kennst du ihn? Es ist Huldrych Zwingli. Er geht als Reformator der Schweiz in die Geschichtsbücher ein. In einem Land voller Katholiken entstand damals eine Bewegung. Die Anhänger kritisierten vor allem den Ablasshandel, das Zölibat, die Sakramente und die Autorität der Kirche über die Bibel. Aus der Bewegung entstand eine neue Konfession: evangelisch-reformiert. Die Auseinandersetzungen zwischen den sogenannten Protestanten und den Katholiken dauerten noch lange an. Es gab viele Opfer. Auch Huldrych Zwingli verlor bei einer Schlacht gegen katholische Truppen in der Innerschweiz sein Leben. 1847 fand der Sonderbundskrieg zwischen sieben konservativen katholischen Kantonen und den meisten liberalen protestantischen Kantonen statt. Es war bis heute die letzte militärische Auseinandersetzung auf Schweizer Boden.
Wir verdauen die vielen Eindrücke bei einer Mittagspause in der Zürcher Innenstadt. Auf dem Teller duftet es ganz traditionell: «Zürcher Geschnetzeltes». En Guete! Und natürlich darf ein «Absackerli» nicht fehlen. Der Nachgeschmack von Alpenkräutern im Mund verrät uns das nächste Ziel. Wir begeben uns nach Appenzell AI. Zwischen den bunten Appenzeller Häusern, mit ihren speziellen Holzverkleidungen, Giebeldächern und verzierten Fensterbögen, besammeln wir uns auf einem grossen Platz. Einmal im Jahr findet hier unter freiem Himmel die Landsgemeinde statt. An diesem Tag werden die sieben Mitglieder der Standeskommission (Kantonsregierung) und die Kantonsrichter gewählt oder bestätigt, und es wird über Sachgeschäfte wie Verfassungs- und Gesetzesvorlagen oder Kredite abgestimmt. Für die Abstimmungen und Wahlen zugelassen sind alle stimmberechtigten Frauen und Männer. Das war nicht immer so. 1971 wurde das Frauenstimmrecht bei der Abstimmung mit 66 % Ja-Stimmen, bei einer Stimmbeteiligung von 58 % auf Bundesebene eingeführt. Im Kanton Appenzell Innerrhoden mussten die Frauen länger kämpfen. Abermals lehnten die Männer das Frauenstimmrecht ab. Bis sie beim Bundesgericht Beschwerde einlegten, mit Erfolg. Dem Kanton Appenzell Innerrhoden wurde daraufhin das Frauenstimmrecht auferlegt. Und so dürfen seit 1991 auch die Frauen in den “Ring”.
Sentinelle des Rangiers Statue (Quelle: www.wikipedia.org)
Das Frauenstimmrecht war aber in jener Zeit nicht die einzige wichtige Abstimmung in der Schweiz. Unsere Tagestour geht weiter. Wir wählen für die nächste Strecke ein ganz spezielles Fortbewegungsmittel. Mit dem Helikopter fliegen wir eine ca. 120 km lange Luftlinie westlich in den Kanton Jura. Und von dort aus geht es auf den Pass des Col des Rangiers. Zirka einen Kilometer westlich der Passhöhe bleiben wir stehen. Diesmal steht kein Denkmal vor uns. Aber bis ins Jahr 1989 stand dort das Denkmal «Sentinelle des Rangiers», auch «Le Fritz» genannt. 1974 führte eine historische Abstimmung zur Gründung des Kantons Jura. Schon von Anfang an war die Geschichte des Kantons Jura geprägt von Konflikten, Kämpfen um die Unabhängigkeit und Identitätsfragen. Auch nach der Gründung wollten einige südliche Gemeinden zum Kanton Bern gehören. Während andere südliche Kantone, die Separatisten, klar unabhängig sein möchten. In der Zeit des Jurakonflikts war die Statue mehrmals Zielscheibe von jurassischen Separatisten, die sie als Symbol der Herrschaft des Kantons Bern im Jura betrachteten. 1989 wurde sie zerstört. Auch heute, über vier Jahrzehnte nach der Schaffung des Kantons Jura, ist die Debatte noch nicht zu Ende.
Röstigraben-Denkmal (Quelle: www.fribourg.ch)
Langsam aber sicher haben wir die Sprachbarriere durchquert. Bonjour. Bienvenue en Suisse romande à Fribourg. Bienvenue de l’autre côté du Rösitgraben. Hier erwartet uns das letzte Denkmal. Unter der St.-Johann-Brücke am Ufer der Saane befindet sich dieses Werk aus einem grauen Kalkblock, zusammengehalten durch ein gusseisernes Band. Es ist das Röstigraben-Denkmal. Der Röstigraben trennt die Deutschschweiz und die Romandie. Es sind kulturelle und sprachliche Unterschiede, die uns trennen. Darüber hinaus spricht man auch von einem unterschiedlichen Stimmverhalten, besonders in aussenpolitischen Entscheidungen. Die Westschweizer zeigen sich in diesem Bereich tendenziell weniger bürgerlich.
Rösti können wir aber auf beiden Seiten essen. Und das machen wir auch. Es ist der Abschluss unseres Ausflugs. Wir sind einmal quer durch die Schweiz gegangen. Dort, wo früher Geschichten geschrieben wurden, stehen jetzt Monumente als die hinterbliebenen Zeitzeugen … «Mir baued eus es Denkmal, Und lönds im Herze stah, Mir baued eus es Denkmal, Wo nie vergässe gaht». …um nie zu vergessen, was mal war.
Schön bist du dabei gewesen! Ich wünsche dir eine gute Heimreise. Bis zum nächsten Mal.
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