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2. Oktober 2025

OECD-Mindestbesteuerung: Was steckt dahinter?

Die OECD-Mindestbesteuerung wurde in der Schweiz am 18. Juni 2023 mit fast 80 Prozent «Ja»-Stimmen von den Stimmberechtigten angenommen. Sie hat zum Ziel, die Besteuerung von grossen Unternehmen international einheitlicher zu gestalten. Befürworter:innen und Gegner:innen haben jedoch unterschiedliche Meinungen, was die OECD-Mindestbesteuerung für die Schweiz bedeutet.

Die OECD-Mindestbesteuerung

Die OECD-Mindestbesteuerung wurde in der Schweiz am 18. Juni 2023 mit fast 80 Prozent «Ja»-Stimmen von den Stimmberechtigten angenommen. Sie hat zum Ziel, die Besteuerung von grossen Unternehmen international einheitlicher zu gestalten. Befürworter:innen und Gegner:innen haben jedoch unterschiedliche Meinungen, was die OECD-Mindestbesteuerung für die Schweiz bedeutet.

Was ist die OECD-Mindestbesteuerung?

Es handelt sich dabei um ein riesiges Projekt, das aus insgesamt zwei Teilen besteht. Der erste Teil, bekannt als «Säule 1», sieht vor, dass Unternehmen ihren Gewinn in jenem Land versteuern müssen, wo sie ihn erwirtschaften. Jedoch ist die Umsetzung dieses Teils noch nicht weit fortgeschritten und dürfte aufgrund des grossen Widerstands innerhalb der OECD erst in vielen Jahren Realität werden. Im zweiten Teil, auch bekannt als «Säule 2», geht es konkret um die Mindeststeuer: Dort wird ein minimaler Steuersatz von 15 Prozent auf Unternehmensgewinne gefordert. Betroffen sind aber nur grosse Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro.

Warum wurde die OECD-Mindestbesteuerung erschaffen und eingeführt?

Stelle dir ein grosses Unternehmen vor, das in mehreren Ländern aktiv ist. Bisher konnten solche Unternehmen ihre Gewinne oft in jenen Ländern versteuern, in welchen die Steuern besonders tief sind. So zahlten sie insgesamt weniger Steuern und das meist nicht dort, wo die Gewinne tatsächlich erwirtschaftet wurden. Vor diesem Hintergrund haben sich die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (englisch: Organisation for Economic Co-operation and Development oder kurz OECD) und die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) zusammengesetzt, um gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Ihr Ziel: ein gemeinsamer Minimalsteuersatz bei der Besteuerung grosser Unternehmen. Das Ergebnis ist die OECD-Mindestbesteuerung. Zudem gilt theoretisch diese Regelung von mindestens 15 Prozent Gewinnsteuern nur in Ländern, die sich der OECD-Mindestbesteuerung angeschlossen haben. Erhebt ein solches Land weniger als 15 Prozent Gewinnsteuern, dürfen die anderen Länder, in denen die grossen Unternehmen ihren Hauptsitz haben, die Differenz zu den 15 Prozent erheben. Damit würden also Steuereinnahmen zu jenen Ländern fliessen, die die OECD-Mindestbesteuerung anwenden. Das wurde so gemacht, damit sich möglichst viele Länder der OECD-Mindestbesteuerung anschliessen.

Wie steht die Schweiz dazu?

Die Schweiz stimmte am 18. Juni 2023 über die Einführung der OECD-Mindestbesteuerung ab und nahm diese mit fast 80 Prozent «Ja»-Stimmen an. Das bedeutet, dass ab dem 1. Januar 2024 auch hier ein Mindeststeuersatz von 15 Prozent für grosse Unternehmen gilt. Im Abstimmungskampf wurde die Vorlage breit unterstützt. Gleichzeitig äusserten sich auch kritische Stimmen dazu.

Was sagen die Befürworter:innen?

Befürworter:innen argumentieren, die OECD-Mindestbesteuerung sei ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit. Sie betonen, dass grosse internationale Unternehmen ihren fairen Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben leisten sollen – genauso wie kleinere Unternehmen oder Privatpersonen. Aus ihrer Sicht würde dadurch der Wettbewerb fairer: Kleine und mittlere Unternehmen stünden nicht länger im Nachteil gegenüber Konzernen, die ihre Gewinne in steuergünstige Länder verlagern konnten. Zudem sind sie überzeugt, dass die Reform den sogenannten «weltweiten Steuerwettbewerb» eindämmt. Bisher hatten Länder ihre Unternehmenssteuern immer weiter gesenkt, um Unternehmen anzuziehen. Mit der Mindestbesteuerung soll dieser Entwicklung ein Ende gesetzt werden.

Und was sagen die Gegner:innen?

Gegner:innen hingegen befürchten, dass die Schweiz durch die neuen Regeln an Attraktivität verliert. Sie warnen, dass höhere Steuern grosse Unternehmen davon abhalten könnten, hier zu investieren oder ihren Standort in der Schweiz zu behalten. Ein solcher Rückzug hätte möglicherweise negative Folgen für Arbeitsplätze und die Innovationskraft des Landes. Nach Ansicht vieler Gegner:innen reicht es nicht mehr, nur auf tiefe Steuern zu setzen. Die Schweiz müsse ihre Attraktivität für grosse Unternehmen und deren qualifizierte Arbeitskräfte künftig stärker in anderen Bereichen ausspielen, zum Beispiel durch ihre politische Stabilität, eine gute Infrastruktur und die hohe Lebensqualität.

Wie geht es weiter?

Wir haben gesehen, dass die OECD-Mindestbesteuerung ein stark diskutiertes Thema ist. Ihre Umsetzung steht immer auch im Zusammenhang mit anderen internationalen Fragen und Entwicklungen – schliesslich handelt es sich um ein internationales Projekt. Aktuell sind besonders die von den USA eingeführten Importzölle von 39 Prozent auf Schweizer Exporte ein grosses Thema. Solche Importzölle verteuern Waren, die aus der Schweiz in die USA exportiert werden. Die USA sind aber ein wichtiger Handelspartner für die Schweiz. Da die Schweiz zudem eine Exportnation ist, die viele Produkte und Dienstleistungen ins Ausland verkauft, wirken sich diese Zölle besonders stark aus. Deshalb wird in der Schweiz diskutiert, ob die OECD-Mindestbesteuerung vorübergehend ausgesetzt werden sollte. Die Idee dahinter: Schweizer Unternehmen sollen nicht gleichzeitig durch hohe Importzölle belastet werden und zusätzlich den Mindeststeuersatz von 15 Prozent zahlen müssen. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen: Wenn ein Land die Mindeststeuer von 15 Prozent nicht erhebt, können andere Staaten die Differenz auf die 15 Prozent erheben. Das ist vor allem dort der Fall, wo ein Unternehmen seinen Hauptsitz hat. Würde die Schweiz also die Mindeststeuer aussetzen, könnte sie riskieren, dass diese Steuereinnahmen ins Ausland fliessen. Darum beobachten viele Länder – darunter auch die Schweiz – aufmerksam, wie sich die Lage in den USA entwickelt, bevor sie über weitere Massnahmen entscheiden.

Fazit

Die OECD-Mindestbesteuerung ist ein spannendes und komplexes Thema, das die internationale Unternehmensbesteuerung grundlegend verändert. Werden die Argumente von Befürworter:innen und Gegner:innen angeschaut, zeigt sich ein Balanceakt zwischen einer internationalen Steuerharmonisierung und der nationalen Wettbewerbsfähigkeit.

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Erstellt von Georgios Spinthakis