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18. August 2025

Energiegesetz Zürich 2025: Klimaziele und Zahlen

Am 28. September 2025 entscheidet die Zürcher Stimmbevölkerung über die Revision des kantonalen Energiegesetzes. Die Vorlage legt fest, wie Kanton und Gemeinden ihre Klimaziele erreichen sollen, und will den Weg zu Netto-Null bis 2040 gesetzlich verankern. Während der Kantonsrat das ambitionierte Ziel befürwortet, warnt der Regierungsrat vor überhöhten finanziellen und zeitlichen Vorgaben. Zahlen zu Emissionen, Sektorenanteilen, Kosten und bisherigen Abstimmungen zeigen, wo Zürich steht und wie gross die Lücke zum Ziel noch ist. Hier erhältst du einen Überblick!

Das Energiegesetz im Kanton Zürich

Im September 2025 stimmt die Bevölkerung des Kantons Zürich über eine Änderung des kantonalen Energiegesetzes ab. Die Vorlage legt fest, wie Kanton und Gemeinden ihre Klimaziele erreichen sollen, und richtet sich damit in erster Linie an den öffentlichen Sektor – nicht an Privatpersonen.

Hintergründe

Die Schweiz hat mit dem Pariser Klimaabkommen und der Netto-Null-Strategie des Bundes ehrgeizige Klimaziele festgelegt. Der Kanton Zürich will diese im Energiegesetz verbindlich verankern. Nach Annahme des Bundes-Klimaschutzgesetzes im Juni 2023, das die Klimaneutralität bis 2050 vorsieht, beschloss der Kantonsrat Anfang 2025 eine Revision des Energiegesetzes von 1983 mit zusätzlichen kantonalen Vorgaben. Der Regierungsrat lehnt trotz Klimaziel-Unterstützung die geänderte Fassung ab und hat das Referendum ergriffen. Hauptargumente sind ein zu ambitionierter Zeitplan und finanzielle Risiken. Am 28. September 2025 entscheidet daher nun die Stimmbevölkerung. Es geht in erster Linie also nicht um ein «Ja» oder «Nein» zum Klimaschutz, sondern um Tempo und Umfang.

Kernpunkte der Vorlage

Klimaziele

Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen um 48 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Das langfristige Ziel ist, den Kanton Zürich bis 2040 treibhausgasneutral zu machen – zehn Jahre früher als das Bundesziel von Netto-Null bis 2050.

Rolle von Kanton und Gemeinden

Kanton und Gemeinden werden verpflichtet, im eigenen Verantwortungsbereich konsequent klimafreundlich zu handeln. Dazu gehören klare Vorgaben für die nachhaltige Beschaffung, zum Beispiel bei Fahrzeugen, Maschinen und Bauprodukten. Ausserdem müssen öffentliche Gebäude energetisch saniert werden mit erneuerbaren Heizsystemen, verbesserter Wärmedämmung und Photovoltaikanlagen. Zusätzlich sollen Kanton und Gemeinden lokale Klimaprojekte unterstützen, etwa durch finanzielle Förderung.

Kontrolle und Umsetzung

Der Regierungsrat muss eine kantonale Klimastrategie mit konkreten Etappenzielen vorlegen und dem Kantonsrat alle vier Jahre Bericht erstatten. Werden die Zwischenziele nicht erreicht, müssen die Massnahmen angepasst werden. Darüber hinaus soll künftig bei allen neuen kantonalen Gesetzesvorlagen systematisch geprüft und ausgewiesen werden, wie sich diese auf das Klima auswirken.

Faktencheck zum Energiegesetz

Um die Vorlage besser einschätzen zu können, lohnt sich ein Blick auf konkrete Daten. Die folgenden fünf Statistiken ordnen die Vorlage aus verschiedenen Perspektiven ein. Sie zeigen, wie sich die Emissionen bisher entwickelt haben, welche Kosten erwartet werden und wie die Zürcher Bevölkerung bisher abgestimmt hat.

Statistik 1: CO2 Emissionen 

Treibhausgasemissionen im Kanton Zürich und der Absenkpfad zu Netto-Null (Quelle)

Der Kanton Zürich stiess in 1990 etwa 6,6 Mio. Tonnen CO2 aus. In 2022 ist dieser Wert auf 5,4 Mio. Tonnen gesunken. Die Emissionen wurden also über 32 Jahre hinweg um rund 18 Prozent reduziert, was 0,04 Mio. Tonnen pro Jahr entspricht. Bis 2030 müsste der Kanton Zürich gemäss der Gesetzesvorlage Emissionen von 3,4 Mio. Tonnen erreichen, bevor 2040 die Treibhausgasneutralität erfolgen soll. Das entspricht einer Reduktion von 0,3 Mio. Tonnen pro Jahr, also einer knapp 10-fachen Steigerung gegenüber heute. Der bisherige, moderate Rückgang reicht also nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Künftig sind jährlich deutlich grössere Einsparungen nötig. Das stützt gemäss Kantonsrat die verschärfte Pflicht zu regelmässigem Klimamonitoring und Nachsteuern aus der Gesetzesvorlage (Quelle).

Statistik 2: Pro Kopf Emissionen 

Treibhausgasemissionen pro Kopf in der Schweiz und der Absenkpfad zu Netto-Null (Quelle)

Die direkten Treibhausgasemissionen in der Stadt Zürich betrugen 2022 etwa 2,4 Tonnen CO2 pro Einwohner:in. Diese Emissionen sind seit 2010 um 0,1 Tonnen pro Jahr gesunken. Im übrigen Kanton werden die Pro-Kopf-Emissionen etwas höher geschätzt. Dennoch kann man davon ausgehen, dass das Ziel, das im Energiegesetz von 1983 festgehalten ist und 2,2 Tonnen CO2 pro Kopf bis 2050 fordert, wahrscheinlich demnächst übertroffen wird. Deshalb hält der Regierungsrat die Forderungen für überambitioniert. Der Kantonsrat argumentiert, dass trotz dieser Zahlen ein versteckter Handlungsbedarf verbleibt, da die indirekten Emissionen (z. B. durch Konsum oder Flugverkehr) enorm sind. Sie lagen 2022 bei etwa 12,6 Tonnen CO2 pro Einwohner:in und sind in den letzten Jahren stetig gestiegen (Quelle).

Statistik 3: Sektoren Anteile

Treibhausgasemissionen pro Sektor in der Schweiz (Quelle)

Der Grossteil der Treibhausgase im Kanton entsteht bei der Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe, also im Verkehr mit ca. 40 Prozent sowie in Gebäuden mit ca. 31 Prozent. Die in der Gesetzesvorlage geforderten Hebel bei Beschaffungspflichten, Gebäudesanierung und Flottenumstellung treffen also genau die grossen Quellen. Im Gebäudebereich sind dank dem Ersatz von Öl- und Gasheizungen die Emissionen seit mehreren Jahren rückläufig, was bis heute andauert. In der Mobilität hingegen steigen die Emissionen weiterhin. Trotz effizienterer Autos macht der wachsende Verkehr die Einsparungen zunichte. Um das beschlossene Klimaziel zu erreichen, hält der Kantonsrat entsprechende Massnahmen wie die Elektrifizierung des Verkehrs oder die Umstellung auf erneuerbare Treibstoffe für notwendig.
(Quelle)

Statistik 4: Kostenprognosen

Der Kanton Zürich rechnet für die Umsetzung seiner Klimastrategie (Netto‑Null bis 2040) mit einem Investitionsbedarf von ca. 1 Mrd. CHF pro Jahr, insgesamt 20 Mrd. CHF zwischen 2022 und 2042. Davon sollen etwa 20% von der öffentlichen Hand und 80% von Privaten (Haushalte, Unternehmen) getragen werden (Quelle). Zum Vergleich: Das Bruttoinlandprodukt (BIP) des Kantons Zürich beträgt 160 Mrd. CHF jährlich. Eine Investition von 1 Mrd. CHF pro Jahr entspricht also 0,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Kantons (Quelle). Nicht nur die Umsetzung der Klimastrategie kostet jedoch, sondern auch Nicht-Handeln: Gemäss der EVP liegen in extrem heissen Jahren die Wirtschaftsschäden (z. B. durch Arbeitsausfälle) bei rund 500 Mio. CHF. Auch Hochwasser verursachen durchschnittlich 270 Mio. CHF Kosten jährlich (Quelle).

Statistik 5: Rückhalt in der Bevölkerung

Die Zürcher Stimmbürger:innen haben sich in klimapolitischen Vorlagen mehrheitlich zustimmungsfreudig gezeigt:

 

1) Die Vorlage, die im kantonalen Energiegesetz klimaneutrale Heizungen vorschreibt, wurde im November 2021 mit 62,6 Prozent Ja-Stimmen angenommen (Quelle)

2) Der Klimaschutzartikel in der Kantonsverfassung, der Netto-Null verbindlich verankert, fand im Mai 2022 mit 67 Prozent breite Zustimmung (Quelle)

3) Das Bundesweite Klimaschutzgesetz vom Juni 2023 wurde in Zürich mit rund 62,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen (Quelle)

4) Selbst das CO2-Gesetz, was auf Bundesebene abgelehnt wurde, wurde in Zürich mit 55,4 Prozent Ja-Stimmen knapp angenommen (Quelle)

Die Abstimmung fügt sich also in eine Reihe früherer Entscheide ein, wo die Zürcher Bevölkerung Klimamassnahmen unterstützt hat.

Fazit

Die Revision des Zürcher Energiegesetzes prüft, wie ambitioniert der Kanton seine Klimaziele angehen will. Während der Kantonsrat strengere Vorgaben befürwortet, warnt der Regierungsrat vor zu hohem Tempo und finanziellen Risiken. Bei der Abstimmung geht es deshalb nicht darum, ob Zürich grundsätzlich Klimaschutz betreiben soll, sondern darum, wie schnell und verbindlich der Kanton vorangehen soll.

Ein Ja bedeutet: Der Kanton Zürich verpflichtet sich, bis 2040 klimaneutral zu werden. Kanton sowie Gemeinden müssen dazu mit Signalwirkung vorangehen und klare Vorgaben umsetzen (Gebäudesanierungen, klimafreundliche Beschaffung, Monitoring usw.).

Ein Nein bedeutet: Es bleibt beim bisherigen Energiegesetz von 1983. Das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, gilt weiter, aber ohne verbindliche Zwischenetappen oder neue Pflichten.

Damit entscheidet die Stimmbevölkerung letztlich über die Frage: Soll Zürich schneller und verbindlicher handeln als der Bund oder genügt das bisherige Tempo?

Erstellt von Clara Goebel